Intellektuellen-Thriller
Davon träumt jeder Kommunikations-Profi: eine Formel, mit der alle von allem überzeugt werden können. Laurent Binets Roman „Die siebte Sprachfunktion“ hat sie gefunden.
28. März 2017
Ein Manuskript, dem alle nachjagen – enthält es doch die geheime Rezeptur der „siebten Sprachfunktion“, mit der Redner eine unwiderstehliche Wirkung entfalten: „Wer diese Funktion kennt und beherrscht, wäre praktisch Herr der Welt“, sagt Umberto Eco im Roman von Laurent Binet.
Seine Macht wäre grenzenlos. Er könnte sich bei jeder Wahl wählen lassen, könnte die Massen mobilisieren, Revolutionen auslösen, Frauen verführen, jedes beliebige vorstellbare Produkt verkaufen, Imperien errichten, die ganze Welt betrügen, alles bekommen, was er will.
Kein Wunder also, dass alle das Manuskript mit dieser Zauberformel haben wollen: Frankreichs Präsident Giscard d’Estaing, sein sozialistischer Herausforderer François Mitterrand, russische, bulgarische und japanische Geheimagenten.
Wir schreiben das Jahr 1980. Der französische Philosoph Roland Barthes wird in Paris von einem Lieferwagen angefahren und stirbt an den Folgen. Der Unfalltod dient dem Autor Laurent Binet als Aufhänger einer phantastischen Erzählung: Wie, wenn Barthes in Wahrheit ermordet wurde, weil er ein Manuskript mit der siebten Sprachfunktion bei sich hatte?
Kommissar Jacques Bayard, der den Mord aufklären und das Manuskript beschaffen soll, muss für seine Ermittlungen tief ins französische Intellektuellen-Milieu der achtziger Jahre einsteigen, in der Philosophen verehrt werden wie Popstars. Binet lässt sie alle auftreten: Paul-Michel Foucault, Jacques Derrida, Bernard-Henri Lévi, Louis Althusser, Julia Kristeva und Philippe Sollers.
Genüsslich zerrt Binet die Denker vor seinen Zerrspiegel der Karikatur, mischt Wahres mit absurd Fabuliertem, kombiniert Semiologie und Kriminalistik und spielt mit den Konventionen des Romans – ein „durchgeknallter Akademie-Thriller“ („Spiegel“), eine „gewitzte Wissenschaftssatire und ein französisches Sittenbild“ (F.A.Z.), Verschwörungskrimi und intellektuelles Vergnügen.
Communication Works jedenfalls empfiehlt die Lektüre allen, die Spaß am virtuosen Spiel mit Sprache und Wirklichkeiten haben. Wer außerdem berufsbedingt andere überzeugen will und reale Unterstützung sucht, kann sich gern an uns wenden.
Text: Ivo Banek
Foto: Rowohlt Verlag
Laurent Binet, Die siebte Sprachfunktion
Rowohlt Verlag, Gebunden, 524 Seiten, 22,95 Euro